Nagende Fragen (1)

Als Jugendliche habe ich zwischenzeitlich erwogen, mich an einer Gesangskarriere zu versuchen. Ich bereue nicht, es nicht getan zu haben. Aus mir wäre mit hoher Wahrscheinlichkeit maximal eine zweite Sopranistin in einem mittelmässigen Opernensemble geworden und nicht die Primadonna, die zu werden ich mir erträumte.

Dennoch frage ich mich in seltenen Momenten, ob mir nicht einfach nur der nötige Wille gefehlt hat, ob ich nicht hätte werden können, wovon ich träumte, wenn ich es nur ernsthaft genug versucht hätte.

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Lob des Prologs

„(…) jedem Anfang wohnt ein Zauber inne“, dichtete einst Hermann Hesse und schenkte der deutschen Sprache damit eines ihrer wohl meist zitierten Bonmots. Was Hesse für den Beginn einer neuen Lebensstufe formulierte, sollte idealerweise auch für die ersten Seiten eines Buches gelten: Sie sollten ein Versprechen für viele zauberhafte Lesestunden sein und die Leser*innen vom ersten Satz an in ihren Bann schlagen.

Für Autorinnen und Autoren sind Buchanfänge daher eine besondere Herausforderung, eine, die nicht alle gleichermassen gerne annehmen. Ich gehöre zu den Schreibenden, die es lieben, Buchanfänge zu erfinden. In der Tat habe ich schon mit dem Gedanken gespielt, ein Buch zu schreiben, das nur aus Anfängen besteht. Genauer: Nur aus Prologen. Prologe sind meine liebste Schreibdisziplin. Schon meine ersten literarischen Gehversuche beginnen mit einem Prolog, und beide meiner bisher veröffentlichten Romane haben einen.

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Von Musts, Want-Tos und Maybes

Vor zwei Wochen habe ich hier im Blog den richtigen Umgang von Schriftstellerinnen und Schriftstellern mit Kritiken thematisiert. Dabei habe ich aus Platzgründen ein wichtiges Faktum unbeachtet gelassen: Für die meisten Autorinnen und Autoren ist die entscheidende Frage nämlich nicht die, wie sie mit Kritik umgehen sollen, sondern die, wie sie es überhaupt schaffen, von der Kritik wahrgenommen zu werden. Oder anders formuliert: Nicht ihre Kritikfähigkeit steht zur Debatte, sondern die Kritikwürdigkeit ihres Werks.

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Zwitschern aufs Geratewohl

Ich weiss nicht, warum Vögel zwitschern. Ich vermute, sie tun es, um ihren Artgenossen etwas mitzuteilen, vielleicht sogar, um sich auf Vogelart mit ihnen zu unterhalten. Bei Menschen, die zwitschern – auf gut Neu-Deutsch „twittern“ –, verhält es sich ähnlich. Auch sie senden Botschaften an andere Menschen, und in gewisser Weise führen sie sogar Unterhaltungen mit ihnen.

Allerdings ist es eine spezielle Form der Unterhaltung, die auf Twitter vonstatten geht. Man könnte es ein Gespräch ohne Gegenüber nennen, soll heissen: ohne Gesprächspartner*in, der*die einem gegenüber steht oder, lieber wohl, sitzt. Auf Twitter „unterhält“ man sich bestenfalls mit einem Foto oder einem Avatar, virtuell halt.

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Das Kreuz mit den Kritiken

Bücherschreiben ist eine ambivalente Angelegenheit. Obwohl das manche*r von ihnen behaupten mag, schreibt kaum ein*e Schriftsteller*in nur für sich selbst und noch weniger für die Schublade. Wer Bücher schreibt, will in der Regel auch gelesen werden.

Gelesen werden bedeutet indessen auch, sich der Kritik des Lesepublikums – Profis wie Laien – auszusetzen, und das ist für Autorinnen und Autoren tendenziell ein schwieriges Kapitel, denn von Einzelfällen abgesehen, wird kein Buch nur gelobt, gefällt kein Werk allen Lesenden gleichermassen. Ja, oftmals ist gerade das, was den einen gefällt, anderen ein Dorn im Auge.

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Bestseller oder Bauchgefühl?

Für „hardcore“ Schriftsteller*innen ist nach dem Buch bekanntlich vor dem Buch, was ein Grund dafür sein mag, dass es in der (Unterhaltungs-)Literatur so viele Reihen gibt. Wenigstens hat man das Personal dann schon mal beisammen und auch die „horizontale Erzähl-Ebene“, wie die durchgehenden Geschichten in TV-Serien heissen, ist bereits eingezogen.

Andernfalls folgt der neuen Buchidee, die sich bei eingefleischten Autorinnen und Autoren meistens ziemlich schnell einstellt, das zeitraubende (Weiter-)Entwickeln der Figuren und des Plots. Das macht in der Regel nur dann genug Spass, wenn einem etwas an den Grundthemen des Buches liegt. Nur: Sind das dann auch die Themen, die bei den Lesern und Leserinnen „ziehen“, oder – ökonomisch ausgedrückt –, die auf dem Buchmarkt gefragt sind?

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