Während des mehrjährigen und bisweilen zähen Schreibprozesses an meinem ersten Roman habe ich mich ab und zu durch Online-Autorenforen geklickt, um mich zu vergewissern, dass es noch andere Wagemutige (aka Unvernünftige) gibt, die ihre Zeit statt ins Geldverdienen ins Schreiben von Manuskripten stecken, für die sich dann in den allermeisten Fällen kein Verlag je interessieren würde.
Die Beiträge waren, wie in Internet-Foren üblich, von sehr unterschiedlicher Qualität, manche hilfreich, andere tröstlich, manche amüsant, andere zum Kopfschütteln. An einen Beitrag aus der Kategorie „OMG“ erinnere ich mich noch besonders gut: Ein Forist schrieb sinngemäss, er wolle unbedingt ein Buch schreiben, wisse jedoch nicht, zu welchem Thema, ob ihm wohl jemand einen Tipp geben könne.
Online-Autorenforen mögen spezielle Biotope sein (wie viele Austauschzirkel im Netz), aber auch in der realen Welt begegne ich nicht selten Menschen, die, wenn die Rede auf meine Schreibleidenschaft kommt, spontan bekunden, selbst auch einmal ein Buch schreiben zu wollen. Die meisten haben sogar eine Idee, worüber. Oft ist es das eigene Leben, die Weltreise mit dem*der Partner*in, die Familiengeschichte oder das Hobby, gelegentlich auch ein Krimi oder – bei jungen Leuten – ein Fantasy-Roman.
Ich gehe davon aus, dass nur die wenigsten, die mir gegenüber den Wunsch bekunden, ein Buch zu schreiben, dies am Ende auch tatsächlich tun. Dennoch stauen ich immer wieder, wie viele Menschen es offenbar gibt, die den Traum vom eigenen Buch träumen. Da lohnt es sich zu fragen, was wohl dahinter steckt. – Ist es der Wunsch, Erinnerungen festzuhalten, der Nachwelt etwas Bleibendes zu hinterlassen? Ist es die Hoffnung, berühmt zu werden oder zumindest interessanter zu sein als der Durchschnittsmensch? Oder gründet der Traum vom eigenen Buch gar in irgendwelchen verklärten Vorstellungen einer freien Schrifsteller-Existenz, eines wilden Bohème-Lebens, dem öder Alltag gänzlich fremd ist?
Leider habe ich es bisher stets versäumt, meinen von eigenen Büchern träumenden Gesprächspartnern und -partnerinnen diese Frage zu stellen. Ich kann sie nur an mich selber richten. – Warum habe ich seinerzeit davon geträumt, ein eigenes Buch zu schreiben? Warum habe ich nach dem ersten noch ein zweites geschrieben und studiere nun an einem dritten herum?
Ich weiss nicht, ob es darauf eine eindeutige Antwort gibt. Was ich mit ziemlicher Sicherheit sagen kann ist dies: In meinem Traum spielt das Schreiben eine viel grössere Rolle, als das fertige Buch. Ich liebe den Prozess des Schreibens (einschliesslich des Entwerfens von Figuren und Plot), selbst wenn er manchmal anstrengend und stets mit Verzicht (in erster Linie auf Lohneinkommen) verbunden ist. Das im Verlag erschienene Buch ist am Schluss dann vielleicht nicht mehr – aber auch nicht weniger – als die Bestätigung dafür, dass ich mir den Luxus, meiner Schreibleidenschaft nachzuleben, leisten durfte.
Dass ich ihn mir leisten konnte, verdanke ich dem Schicksal.
Ob es sich gelohnt hat, müssen die Leser*innen entscheiden.