Bestseller oder Bauchgefühl?

Für „hardcore“ Schriftsteller*innen ist nach dem Buch bekanntlich vor dem Buch, was ein Grund dafür sein mag, dass es in der (Unterhaltungs-)Literatur so viele Reihen gibt. Wenigstens hat man das Personal dann schon mal beisammen und auch die „horizontale Erzähl-Ebene“, wie die durchgehenden Geschichten in TV-Serien heissen, ist bereits eingezogen.

Andernfalls folgt der neuen Buchidee, die sich bei eingefleischten Autorinnen und Autoren meistens ziemlich schnell einstellt, das zeitraubende (Weiter-)Entwickeln der Figuren und des Plots. Das macht in der Regel nur dann genug Spass, wenn einem etwas an den Grundthemen des Buches liegt. Nur: Sind das dann auch die Themen, die bei den Lesern und Leserinnen „ziehen“, oder – ökonomisch ausgedrückt –, die auf dem Buchmarkt gefragt sind?

Die Frage wäre einfacher zu beantworten, wenn man genauer wüsste, was „der Markt“ denn will. Wie die Dinge liegen, wissen das selbst grosse Publikumsverlage nicht immer so genau, sodass man letztlich auf ein paar plausible Annahmen Rekurs nehmen muss: Krimis gehen tendenziell gut (am besten was mit Lokalkolorit), historische Romane auch (vorzugsweise solche aus dem Mittelalter oder über Frauen, die auswandern). Autobiografisches oder noch besser: Autofiktionales liegt im Trend, und Liebesromane sind sowieso immer ein sicherer Wert, egal ob in der altbackenen Variante mit Traumprinz*essin und Happy End oder in der modernen mit Bindungsangst, offener Beziehung und ungewöhnlichen Sexpraktiken.

Mord, Historie, Lebensbericht, Liebe. – Das sind die ungefähren Eckpunkte des (gut) Verkäuflichen, die der Blick in die Buchhandlungen offenbart. Bloss: Reicht das als Orientierungshilfe für den nächsten Roman? Genügt es für die Beantwortung der Frage, ob und ggf. wie frau ihre neueste Buchidee umsetzen soll, zumal in Fällen, in denen die Idee in keine der genannten „Ecken“ passt?

Spätestens an diesem Punkt sollte der*die Autor*in wohl besser aufhören zu grübeln und einfach seiner*ihrer Eingebung folgen. Denn am Ende ist es mit dem Bücherschreiben wahrscheinlich wie mit den meisten Dingen im Leben: Sie sind (auch) Glückssache – und das Glück ist ungleich verteilt. Bei den Glücklicheren unter uns Schreiberlingen entsprechen die kreativen Ideen meistens ziemlich genau dem, was die Menschen (gerade) lesen wollen. Die Pechvögel schreiben stets am Buchmarkt vorbei, können aber immerhin hoffen, dass sie ihrer Zeit voraus sind und eines Tages – besser nicht posthum – doch noch entdeckt werden.

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